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Verkehrspolitik

Paris: Eldorado für Elektroroller?

 Siegfried Forster

Artikel vom 02.04.2009 Letzte Aktualisierung am 16.04.2009 18:00 TU

Elektroroller beim "Auftanken"crédit: Siegfried Forster
Vom 1.-7. April dauert in Frankreich die Aktionswoche für nachhaltige Entwicklung. Für die Pariser Stadtverwaltung Gelegenheit, ihr ökologisches Verkehrskonzept auszubauen. Vélib, das öffentliche Fahrrad-Leihsystem (Jahresabo für 29 Euro), ist bereits ein Riesenerfolg, das Elektro-Auto-Leihsystem Autolib startet 2010. 130 Hybridtaxis wurden seit Dezember 2007 mit 3.000 Euro subventioniert. Und jetzt knöpft sich Paris die motorisierten Zweiräder vor. Über 100.000 Motorräder bevölkern Paris täglich. Tendenz steigend. Der Kauf von Elektrorollern wird ab sofort mit 400 Euro bezuschusst und die Seine-Metropole lockt mit dem europaweit grössten Netz öffentlicher und kostenloser Ladestationen Bei einem Pariser Zweiradtaxi-Unternehmen sorgen die Elektroflitzer bereits für Furore.

Elektroroller für Paris

02/04/2009

„Ici on est près de Notre-Dame“

Vor 12 Jahren hat Stéphan Waeles sein Fahrrad- und Motorrad-Geschäft Freescoot gegründet, einen Steinwurf von der Notre-Dame-Kathedrale entfernt. Von Anfang an hatte er auch Elektroroller im Programm, doch erst seit kurzem boomt das Geschäft mit den lautlosen Flitzern: immer mehr wollen nicht nur für 25 Euro pro Tag einen Elektroroller ausleihen, sondern gleich kaufen.

„Wir haben einen klaren Anstieg bei den Verkaufszahlen. Vor fünf Jahren haben wir drei oder vier Elektroroller im Jahr verkauft, inzwischen sind es 50 pro Jahr. Das ist immer noch sehr wenig im Vergleich zum Motorradmarkt, aber das zeigt, dass dieses Transportmittel im Trend liegt und sich weiter entwickeln wird.

Kühne Verkehrskonzepte?

Mit verantwortlich für die Entwicklung: das gestiegene Umweltbewusstsein der Franzose allgemein und der Pariser insbesondere. Seit dem Riesenerfolg des öffentlichen Fahrradleihsystems Vélib, das Jahresabo kostet 29 Euro, scheint kein umweltverträgliches Verkehrskonzept mehr zu kühn zu sein. In einem Jahr sollen 4.000 strombetriebene Leih-Autos die Strassen bevölkern: Autolib ist das Vélib nachempfundene Codewort für das umweltfreundliche öffentliche Nahverkehrskonzept auf vier Rädern.

Boom bei den Motorrädern

Doch weil die autofeindliche Pariser Verkehrspolitik der rotgrünen Stadtregierung seit 2001 zu einem Boom bei den Motorrädern geführt hat (+ 30 Prozent), wollen die Stadtväter nun auch die Zweiräder zum Umweltschutz bekehren. Bekanntlich verschmutzen Motorräder die Luft mehr als Autos, deshalb wird ab sofort jeder Kauf eines Elektrorollers mit einem 400-Euro-Gutschein belohnt, je nach Modell 10-25 Prozent des Kaufpreises. Die Verkehrsabteilung der Stadt Paris erhofft sich dadurch einen einschneidenden Kurswechsel:

„Das Ziel dieser Prämie ist es, das Angebot der Elektroroller attraktiv zu machen. Das erscheint uns ein interessantes Transportmittel zu sein. Denn wir sind in einer Stadt, in der die Zahl der Motorräder stark zunimmt. Motorräder sind platzsparend, aber damit einher gehen Luftverschmutzung und Lärmbelästigung. Unser Ziel ist es, diese Motorradfahrer zu motivieren, weniger umweltverschmutzende Transportmittel zu benützen.“

Motorräder: Krach und Luftverschmutzung

Bleibt die Frage, wie viele Motorradfahrer auf Pferdestärken verzichten wollen und auf ein strombetriebenes Gefährt umsteigen wollen. 110.000 Motorräder brausen täglich durch Paris. Jedes einzelne lärmt soviel wie ein Lastwagen und legt dabei durchschnittlich 25 Kilometer zurück, eine Strecke, die problemlos mit einem Elektroroller zurückgelegt werden könnte. Doch bislang war das Angebot nicht attraktiv genug. Selbst eine 400-Euro-Prämie gab es schon einmal, von der französischen Umweltagentur ADEME, die damals allerdings nur eine wenige Rollermodelle für förderungswürdig befand und damit nicht wirklich zum Kauf ermutigte. Und auch die kostenlosen öffentlichen Ladestationen gibt es bereits seit über 15 Jahren – und genauso lange sind sie bislang verwaist. Mit Betonung auf bislang, denn die Zahl der öffentlichen Ladestationen im Stadtgebiet soll auf 40 verdoppelt werden, zusätzlich zu 60 Ladestationen in privaten Tiefgaragen.

Europaweit beste Bedingungen für Elektrofahrzeuge

Sophie Charvet von der Einrichtung für strombetriebene Fahrzeuge Espace Mobilité Electrique glaubt jedenfalls an eine rosige Zukunft und verweist darauf, dass Paris die europaweit besten Bedingungen für Elektrofahrzeuge bietet:

„Es gibt einige Städte in Europa, die ebenfalls öffentliche Ladestationen einrichten, wie etwa in Stockholm, Oslo und London. Aber was die Hilfen anbetrifft, so gibt es kein System in Europa, das jenem von Paris ebenbürtig wäre.“

300.000 Euro für Elektroroller

Mit 300.000 Euro jährlich sollen die Elektroroller gefördert werden. Ob die Zahl der bislang auf 300 bis 500 Elektroroller damit verzehnfacht oder verhundertfacht werden kann, darüber will niemand eine Prognose abgeben. Tatsache ist, wenn nur ein Prozent der 110.000 Motorradfahrer sich bekehren lassen, könnte täglich der Ausstoß von zwei Tonnen CO2 eingespart werden. Doch nicht nur in ökologischer, sondern auch in finanzieller Hinsicht sollen Umsteiger auf ihre Kosten kommen. Die Stadtverwaltung schätzt: wer Elektroroller fährt, spart im Jahr bis zu 500 Euro Spritkosten ein. Doch die 400-Euro-Anschaffungs-Prämie setzt nicht nur auf Privatleute, sondern auch auf Betriebsfahrzeuge und Unternehmensflotten: Vom Sushi- oder Pizza-Lieferservice bis zum Motorrad-Taxi-Unternehmen.

Pariser Taxis unter Strom

“Et bienvenue chez City-Bird…, welcome to citybird, the stressless transport company”

Cyril Masson ist der Gründer von City-Bird, das von Anfang an auf umweltfreundliche Motorräder gesetzt hat und nun mit einem Elektroroller sein Engagement zugunsten der Umwelt weiterführt.

 „Seit Juli 2008 haben wir das Angebot Electricity ins Leben gerufen. Ein Motorrad-Taxi mit einem Elektroroller. Wir haben schon immer auf spritsparende und umweltfreundliche Motorräder gesetzt. Im vergangenen Jahr kam zum ersten Mal ein großer Elektroroller in Paris auf den Markt. Eine Maschine, die ausreichend für unsere Zwecke ist, was Komfort, Reichweite und Platz angeht. Heute sind wir die einzigen in Frankreich, die diesen Taxi-Service mit Elektrorollern anbietet.“

Manche Kunden wollen nur noch mit Elektrorollern chauffiert werden, berichtet Cyril Masson. Sein Unternehmen spart damit zwar monatlich 1.000 Euro Wartungskosten und Benzinkosten ein, aber auf der anderen Seite musste er angesichts der knappen Reichweite für jeden Chauffeur zwei Elektroroller anschaffen. Bei derzeit fünf bis sechs Fahrten täglich, nicht unbedingt rentabel.

Elektroroller: Reine Einstellungssache

Doch die Entscheidung für einen Elektroroller ist letztlich eben reine Einstellungssache, kommentiert Franck Boittiaux, Journalist der Zeitschrift für ökologischen Stadtverkehr „Becity“. Er hatte in Paris ein kleines Wettrennen zwischen Fahrrädern, Rollern und Autos veranstaltet. Resultat: der Elektroroller konnte zwar mit dem Motorroller mithalten und schlug das Auto um Längen, aber auf Platz eins kam das Elektrofahrrad:

„Innerhalb von Paris vollbringt das Elektro-Fahrrad regelrechte Wunder. Vor allem zu Stauzeiten, weil es die Fahrradwege benützen kann. Damit sind auch kleine Berge wie bei Montmartre beispielsweise kein Problem. Den Elektroroller, den wir hatten, ein kleineres Modell, hatte hingegen größere Probleme damit.“

Informationen über Elektroroller in Paris: www.freescoot.com www.espacemobelec.fr www.todiffusion.com BeCity - le premier magazine sur l'éco-mobilité urbaine