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Jubiläum

Neuer Boom für Albert Camus 50 Jahre nach seinem Tod

 Ulrike Sachweh

Artikel vom 04.01.2010 Letzte Aktualisierung am 04.01.2010 16:27 TU

Albert Camus Grab in Lourmarin.Photo: Wikimedia Commons/Walter Popp
Die Franzosen lieben Jahrestage, allerdings eher postum als zu Lebzeiten. So wird auch der 50. Todestag des französischen Literaturnobelpreisträgers von 1957 am 4. Januar besonders gewürdigt.

Camus war bei einem Autounfall umgekommen. Er saß damals als Beifahrer in dem Sportwagen, den sein Verleger steuerte. Auf dem Weg von Lourmarin, wo er ein Landhaus hatte und später auch begraben wurde, und Paris, wo ihn eine Geliebte erwartete, war ein Hinterreifen geplatzt und der Wagen fuhr gegen einen Baum. Der 46-jährige Schriftsteller und Philosoph war auf der Stelle tot.

Pünktlich zum Todestag erfährt er eine wahre Wiederauferstehung: Neuauflagen seiner wichtigsten Werke, ein Fernsehfilm über sein Leben, jede Menge Sondernummern literarischer und anderer Magazine, ein Buch seiner Tochter, undsoweiter. Sogar Nicolas Sarkozy hatte sich seiner angenommen. Vor einigen Wochen schlug er vor, den großen Dichter und Denker in den Pariser Ruhmestempel, ins Panthéon, zu überführen, wo schon Voltaire, Victor Hugo und André Malraux begraben liegen. Dieses Vorhaben stieß sofort auf vehementen Widerstand. Angefangen bei der Familie.

«Er mochte keine Ehrungen. Den Literaturnobelpreis hat er nur aus finanziellen Gründen angenommen», erklärte seine Tochter Catherine, die Anfang Dezember ein biografisches Buch über ihren Vater veröffentlicht hat. Der Titel «Solitaire et solidaire» (Einsam und solidarisch) geht auf zwei Grundzüge ihres Vaters ein, die Camus zu einem Außenseiter unter Frankreichs Intellektuellen gemacht hatten.

Der in Algerien in armen Verhältnissen geborene Camus verstand sich in erster Linie als Journalist und als politischer Kopf, der jedwede Ideologie ablehnte. Er verabscheute Gewalt, auch zur Durchsetzung politischer Ziele. Er kritisierte den deutschen und spanischen Faschismus ebenso wie die Lager in Stalins Sowjetunion, was ihn bei seinen Intellektuellenkollegen, die damals eher prokommunistisch waren, nicht gerade beliebt machte. Als Chefredakteur der Widerstandszeitung «Combat» verurteilte er nach dem zweiten Weltkrieg den Atombombenabwurf der Amerikaner über Hiroshima und die Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes 1956 durch die Sowjets. Sein kommunismuskritischer Essay «Der Mensch in der Revolte» ließ ihn für die Linke endgültig zum abtrünnigen Reaktionär werden und führte zum Bruch der Freundschaft mit Jean-Paul Sartre und vielen ehemaligen Freunden.

Dafür war er im Ausland um so angesehener. Seine "philosophischen" Romane «Der Fremde», «Die Pest», «Der Fall», wurden in viele Sprachen übersetzt und gehören zu den meistgelesenen französischen Büchern aller Zeiten. Das würdigte die Nobeljury 1957 mit dem Nobelpreis für Literatur. Seine Werke handeln von der Suche nach dem Sinn des Lebens und der inneren Zerrissenheit des Menschen. Als Kulisse dient häufig die algerische und mediterrane Landschaft, in der er aufgewachsen war. Doch keinen seiner Romane bezeichnete er als autobiografisch.

Um so persönlicher ist nun das Buch seiner Tochter. Darin veröffentlicht sie zahlreiche Fotos ihres Vaters und ihrer Familie, darunter auch Bilder der Schauspielerin Maria Casarès, einer seiner zahlreichen Geliebten. «Er sprach zu oft vom Glück, als dass er oft glücklich und heiter gewesen sein könnte - Leid, seelischer Schmerz und Trennungen hinterließen Spuren», schrieb sein Biograf Olivier Todd.

Über das Panthéon spricht niemand mehr. Wahrscheinlich hat inzwischen auch Nicolas Sarkozy eingesehen, dass Camus auf dem Dorffriedhof von Lourmarin besser aufgehoben ist als in der kalten Krypta des Pantheons.