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Revue de presse Dienstag 26. August 2008

Uneins - die französische Linke und der Westen gegenüber Russland

Katja Petrovic

Artikel vom 26.08.2008 Letzte Aktualisierung am 26.08.2008 13:05 TU

Gespaltene Linke

Mit schüchternem Optimismus stellt der Leitartikler von L' HUMANITE fest, dass die gebeutelte Linke nach einem Jahr Sarkozy jetzt nach der Sommerpause wieder mit mehr Kraft ins politische Rennen geht. Und trotzdem ist da wenig Vertrauen: "La gauche est-elle au rendez vous?" Ist die Linke nun tatsächlich wieder da? lautet die Frage des Leitartiklers.

Schliesslich müsse der Zusammenhalt der Linken stark genug sein gegenüber einer Regierung, die trotz aller Probleme ihren Kurs zukünftig mit noch mehr Härte verfolgen werde. Da reiche ein "coup de gueule", ein plötzliches Aufbegehren, nicht aus, konstatiert das kommunistische Blatt kritisch. Die Zeit sei reif für echte Alternativen und um diese glaubhaft zu vertreten, müsse die Linke drei Bedingungen erfüllen :

1. sich ihrem Kampf mit Ausdauer widmen und Taten statt schöner Worte folgen lassen

2. linke Strukturreformen vorantreiben

3. Politischen Inhalt und Zusammenhalt der verschiedenen linken Kräfte unter einen Hut bringen. Denn daran habe es der Linken in Frankreich bisher am meisten gemangelt, findet L' HUMANITE.  

Die linksliberale Zeitung LIBERATION präsentiert auf ihrem Titel die Köpfe dieser „neue Opposition" mit dem grünen Europaabgeodneten Daniel Cohn-Bendit und dem frischgebackenden Leader der neuen "antikapitalistischen Partei" Olivier Besancenont .

"An der Seite der gespaltenen PS organisiert sich eine andere Linke" steht dazu in grossen Lettern auf der ersten Seite. Ein Hauch von Aufbruchstimmung liege in der Luft.

Dabei sei der Zeitpunkt für diese neue Linke alles andere als verwunderlich, analysiert der Leitartikler. Hätten doch die Sozialisten mehr als 20 Jahre gebraucht um sich der Marktwirtschaft anzuschliessen, und jetzt, wo sie endlich eine sozialdemokratische Partei geworden seien, stecke eben diese Sozialdemokratie in der Krise.

Und davon profitierten nun die linken Konkurrenten. Als da wären die roten und die grünen, die nun zum ersten Mal an einem Strang zu ziehen schienen. Sollten sie den Dämon, der sie bisher trennte, endgültig besiegen, wird es nach Ansicht von LIBERATION künftig drei linke Kräfte in Frankreich geben: die rosa ausgeblichenen Sozialisten, die zwar regieren könnten, aber schon lange nicht mehr träumen liessen, eine grüne Linke, die für einen „zumutbaren Wachstumsrückgang „ einstehe und eine rote Linke, die die Marktwirtschaft weiter kategorisch ablehnen werde und nicht einmal regieren wolle. Und da der PS im Moment sogar eine Parteiführung fehle, sollte sie sich bei dieser Konkurrenz ernsthafte Sorgen machen.

Gespaltener Westen

Mit solchen Problemen hält sich der konservative FIGARO heute nicht auf. Das Blatt beschäftigt sich mit der Krise im Kaukasus und beklagt die Uneinigkeit, mit der Europa und die USA auf Russlands Verhalten reagieren. Nach Ansicht des Leitartiklers spaltet sich der Westen selbst, in dem er zwei ganz unterschiedliche Strategien gegenüber Russland vertrete: Die einen, das alte Europa nämlich, versuchten den wild gewordenen russischen Bären zu besänftigen, auch wenn sie dabei seine Krallen zu spüren bekämen. Die anderen, und damit sind die USA, die Briten und die Polen gemeint, lehnten eine „Münchner Haltung" im Umgang mit den russischen Eroberern ab und seien der Meinung, dass sie die Russen nur mit Nachdruck von weiteren Grenzüberschreitungen abhalten könnten.

Erfreulich findet der FIGARO, dass die Europäer aus dem Balkankrieg gelernt haben und nicht mehr darauf warten, dass die USA den Frieden auf ihrem Kontinent wiederherstellen. Vor allem Frankreich könne stolz darauf sein, den europäischen Friedensplan in Moskau und Tiflis durchgesetzt zu haben, lobt das regierungsfreundliche Blatt. "Doch da die Russen diesen Friedensplan bisher nicht vollständig erfüllen, stehen Frankreich und Europa beim kommenden Sondergipfel in Brüssel die wichtigsten Aufgaben noch bevor. Und um diese zu lösen, muss Europa en bloc, also vereint auftreten. Nur so hat es eine Chance gehört zu werden", schliesst der Leitartikler.

 

Das Wirtschaftsblatt LES ECHOS beschäftigt sich ebenfalls mit den Spannungen zwischen Russland und dem Westen und macht dabei vor allem ein Opfer aus: Das Geschäft. „Le commerce otage des tensions", Der Handel als Geisel der Spannungen zwischen Russland und dem Westen, heisst es auf dem Titel. Dabei spiele Russland seine Wirtschaftsmacht genüsslich aus. So habe Putin als Antwort auf den bevorstehenden EU Sondergipfel kurzerhand verlauten lassen, dass sein Land ohne Probleme auf die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation verzichten könne. Für die Investoren bedeute das, dass Russland bestimmte Teile seines Marktes nicht öffnen werde und viele der von ihnen angestrebten Handelssektoren weiterhin unzugänglich blieben. Die steigenden Gas- und Ölpreise machten es Moskau zusätzlich leicht. Das Land könne sich erlauben, der Genfer Vereinigung fernzubleiben. "Dass die internationale Glaubwürdigkeit des Landes darunter leidet, scheinen die Russen hinzunehmen", konstatiert LES ECHOS.