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Europaglosse vom 16. Dezember 2009

Aufbruch ins Neue?

 Eckart D. Stratenschulte

Artikel vom 15.12.2009 Letzte Aktualisierung am 15.12.2009 16:03 TU

Die Glosse vom 16. 12. 2009

15/12/2009 Eckart D. Stratenschulte

Was hat Deutschland mit Laos gemeinsam?

Diese Frage beantwortet die französische Regierung: Sie sind beide nicht mehr so wichtig, dass es sich lohnen würde, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken.

Eine solche Polemik mag verwundern, schließlich ist das deutsch-französische Verhältnis ein besonders umhegtes und in jeder Sonntagsrede beschworenes Politikfeld. Seit Gründung der Europäischen Gemeinschaften haben sich die beiden Staaten aneinander gebunden, um so etwas für die europäische Integration zu tun, die dadurch etwas für sie tun konnte. Schließlich ist die  ganze europäische Konstruktion einmal entstanden, weil man ein erneutes Aufflammen von militärischen Konflikten zwischen den beiden Nachbarn diesseits und jenseits des Rheins verhindern wollte. Daher ist das deutsch-französische Miteinander für die Europäische Union immer von spezieller Bedeutung gewesen – und wird es auch bleiben. Ganz unterschiedliche Persönlichkeiten wie François Mitterrand und Helmut Kohl, Jacques Chirac und Gerhard Schröder und nun Nicolas Sarkozy und Angela Merkel haben gelernt, miteinander auszukommen, was auch immer sie persönlich trennen mag.

Der gegenwärtige französische Präsident startet nun geradezu ein Feuerwerk von Ideen, um das deutsch-französische Verhältnis zu vertiefen. Da ist die Rede von gemeinsamen Parlamentssitzungen, ja sogar von einem deutsch-französischen Minister, der sowohl dem Bundeskabinett als auch der französischen Regierung angehören soll. Wie realistisch ein solcher Vorschlag ist, sei dahingestellt, aber der Eifer ist bewundernswert. Insofern mutet es erstaunlich an, dass gleichzeitig die bewährten Instrumente der deutsch-französischen Verständigung gering geschätzt werden.

Dies ist die letzte Woche des deutschsprachigen Programms von Radio France Internationale. Die französische Regierung lässt die deutsche Sendung einstellen, genau wie die laotische. Hier also treffen sich die beiden Staaten aus Europa und Südostasien. Sie werden vom französischen Radar genommen. Natürlich ist das kein antideutscher Akt, man will einfach Geld einsparen. Das kann man dann in neue Ideen umsetzen, die man wiederum dann streichen kann, wenn sie Früchte tragen. Ein solches System europäischer Kooperation ist nicht auf Nachhaltigkeit angelegt, aber immerhin darauf, fortwährend mit neuen Einfällen zu glänzen.

Natürlich: Frau Merkel und Herr Sarkozy brauchen RFI nicht, um sich zu verständigen, aber die Deutschen und die Franzosen benötigen Programme wie RFI und die Deutsche Welle, um sich – ganz buchstäblich – zu verstehen.

Nächste Woche wird kein deutsch-französischer Krieg ausbrechen, die Erde wird sich normal weiterdrehen. Und dennoch wird sich etwas geändert haben, ein Stück deutsch-französischen Miteinanders wird verschwunden sein.

Da bleibt uns nur, auf eine zweite Amtszeit von Sarkozy zu hoffen. Gut möglich, dass er dann auf die ganz neue Idee kommt, man müsse ein deutschsprachiges Radioprogramm ins Leben rufen und seine Regierung beauftragt, das zu tun. Bis dahin sagen wir: Macht’s gut, Ihr Franzosen. Wenn wir auch nichts mehr von Euch hören, wir werden Euch in guter Erinnerung behalten.

Eckart D. Stratenschulte, Leiter der Europäischen Akademie Berlin